Dienstag, 8. März 2011

Araukarien


Von F.E.Binz gibt es einen interessanten Aufsatz "Die Araucarien", der im Jahre 1891 in der "Zeitschrift für bildende Gartenkunst" erschien. (1) Dieser Aufsatz hat den Vorteil, daß wir etwas über die Entdeckungsgeschichte der verschiedenen Araukarienarten erfahren. In den üblichen botanischen Zusammenfassungen bekommen wir das in einer so lebendigen Form nicht dargestellt. Zugleich spiegelt der Aufsatz das Wissen in einer ganz bestimmten Epoche wider.

Die verschiedenen Araukarienarten wurden zu unterschiedlichen Zeiten entdeckt. Wir können von der Entdeckungsgeschichte natürlich nicht alles wissen, aber es gibt einige interessante Begebenheiten, die darauf deuten, wie wichtig diese Entdeckungen für die Segelschiffahrt waren. Binz schreibt:


"Im Jahre 1774 durchfurchte das gute Schiff "Resolution" mit dem Entdecker Cook an Bord die prächtigen Gewässer der Südsee, als der Ruf: "Land vor uns!" vom Maste erscholl. Aller Augen wendeten sich nach der bezeichneten Himmelsrichtung, wo die schwachen Umrisse einer niedrigen Küste auftauchten. Je näher man kam, umsomehr verwandelte sich die Freude in Bewunderung. Es zeigten sich Gegenstände, die schlanken Säulen, oder Thurmspitzen, oder die Masten von tausend Schiffen sein konnten und Alles ringsum hoch überragten. Das Teleskop wurde auf sie gerichtet, und es zeigte sich, daß man nicht Basaltsäulen, wie die meisten anfangs geglaubt hatten, sondern Bäume vor sich habe. Eine Landung wurde vorgeschlagen und Cook bestieg mit den Botanikern des Schiffes ein Boot. Die Insel, wo diese ersten Säulenaraucarien entdeckt wurden, ist die Fichteninsel bei Neucaledonien." (2)


Diese zusammenfassende Schilderung von Binz will uns mitteilen, man habe vom Schiff aus Land entdeckt und dann lange gerätselt, was man vor sich habe, da die graphische Wirkung des Araukarienwaldes lange Zeit die Phantasie der Seeleute anregte. Von manchen waren die Bäume demnach als Basaltsäulen aufgefaßt gewesen, bis man diese Säulen als Baumstämme identifiziert hatte. Der Text erweckt den Anschein, als ob diese Säulenwirkung der Bäume damals zur Namensgebung "Säulenaraucarie" geführt hat. Cook selbst notierte dazu:


"Diese Bäume haben viel kleinere und kürzere Zweige als andere Fichten, und die Astknoten verschwinden, wenn man den Stamm zum Gebrauche verarbeitet. Ich bemerkte, daß der größte Baum die wenigsten und kürzesten Zweige hatte und oben einen aufwärts wachsenden Ast gleich einem Federbusch trug. Diese Bildung verleitete Viele an Bord zu der Meinung, daß wir Basalte sähen, und in der That konnte Niemand daran denken, daß wir solche Bäume finden würden." (3)



Binz schildert, der höchste Baum den Cook gesehen hatte, sei im Jahre 1850 noch vorhanden gewesen. Vom gerade gewachsenen Baumstamm der Araukarie waren die Seeleute sehr angetan, da das Holz sich hervorragend für die Masten der Segelschiffe eignete. Es werden also sehr viele Araukarien gefällt worden sein.

Im Jahre 1891 waren den Botanikern "sieben bis acht Arten" der Araukarien bekannt. Angetroffen hatte man sie "in Brasilien, Chile, Neucaledonien, der Norfolkinsel und Australien". (4) Die schwankende Angabe "sieben bis acht" läßt darauf schließen, daß vor der Jahrhundertwende zum 20.Jahrhundert immer noch große Unsicherheit bestand, wieviele Arten der Araukarie bekannt geworden waren und zu unterscheiden sind.

Heutzutage wird die Gattung der Araukarien in vier Sektionen aufgeteilt: Sektion Araucaria (zwei Arten), Sektion Bunya (eine Art), Sektion Intermedia (eine Art) und in die Sektion Eutacta (fünfzehn Arten). (5) Das sind zusammen 19 bekannte Arten.

Aber bleiben wir dicht am historischen Text von 1891. F.E.Binz schreibt zur "Cunningham-Araucaria":

"Sir Joseph Banks und Dr.Solander entdeckten sie 1770, und 1824 wurde die erste lebende Pflanze nach Kew gebracht." (6)

Es gelang also, diese Pflanzenart zu einem botanischen Garten zu bringen.

"Die Cunningham-Araucaria hat ihren Namen zu Ehren des unermüdlichen Erforschers und Botanikers Allan Cunningham erhalten. Man findet sie an der Küste der Moretonbai (Ostküste von Australien) und in größter Menge zwischen dem Buschholze am Richmondfluß. In der Nähe des Strandes scheint sie am besten zu gedeihen, denn sie erreicht dort ihre höchste Höhe 40-50 Meter, während sie landeinwärts immer kleiner wird." (7)

Auch in diesem Fall beeindruckte der Baumstamm die Forscher der damaligen Zeit:

"Diese Araucarie bildet einen ganz geraden Stamm, der 25 Meter emporsteigt, ehe die Zweige beginnen." (8)

Binz erwähnt:

"Das Holz zeichnet sich häufig durch eine schöne Maser aus und wird viel zu Möbeln verarbeitet." (9)

Die Araukarienart, die in Südchile aufgefunden wurde, kam wiederum bei der Segelschiffahrt in Verwendung:

"Die Chilifichte (A. imbricata) ist von allen Araucarien die bekannteste, da sie in den europäischen Gärten am häufigsten gezogen wird. Den spanischen Ansiedlern war sie schon vor einem Jahrhundert bekannt. Im Jahre 1780 beauftragten sie Don Francisco Dendariarena, den Baum zu untersuchen, ob er ein gutes Schiffsbauholz liefere. Da er das Holz für geeignet erklärte, so wurde es im Hafen von Talicaguano auf den Werften benutzt." (10)

In einem Film, der kürzlich vom Sender Arte.tv ausgestrahlt wurde, ist ausgesagt worden, daß die Pflanze, die im Nationalpark Villarrica unter Schutz steht, dort nur ab einer Hoehe der Landschaft von 800 m über dem Meeresspiegel vorkommt. Als ihr Lebensraum gilt inzwischen nur noch die Region zwischen dem 37.und 39.Breitengrad. Noch immer gibt es Holzfirmen, die versuchen, an dieses wertvolle Holz zu kommen. Den Holzeinschlag zu verhindern, ist sehr wichtig, da dieser Baum sehr langsam wächst und schnell aussterben kann. (11)

Die Pflanze gelangte relativ früh in den botanischen Garten von Kew, wo sie so lange im Gewächshaus gehegt wurde, bis man die ersten Araukarien dieser Art im Jahre 1806 ins Freie versetzen konnte. Binz erwähnt im Jahre 1891, daß junge Pflanzen der Araukarie zu dieser Zeit bereits leicht und preiswert zu erwerben waren. Anzunehmen sind deshalb schon vor dem Jahr 1900 sehr viele Araukarien in den privaten Parks der europäischen Pflanzenliebhaber.

Pöppig, der sich von 1827 bis 1832 auf eine lange Überseereise gemacht hatte, berichtete 1835 in seiner Reisebeschreibung über die chilenische Araukarie, die er die "Palme der Indianer" nannte. Er notierte, man könne sie vom 37. bis 48.Breitengrad in Chile antreffen. Ihr Lebensraum ist also bis zum heutigen Tag sehr eingeengt worden. Vermutlich nur deswegen, weil die Mapuche-Indianer ihr angestammtes Gebiet gut verteidigt haben, blieben diese Araukarienwälder in Chile
noch erhalten. Binz zitiert Pöppig:

"Die Zweigkrone des hohen, säulenähnlichen Stammes, der 35-40 Meter hoch wird, nimmt bloß den oberen Teil des Baumes ein und hat die Form eines breiten, abgestumpften Kegels." (12)

Es sei noch die brasilianische Araukarie erwähnt, so wie sie von demselben Autor in seinem Aufsatz vorgestellt wird:

"Die brasilianische Araucaria, die 30-40 Meter hoch wird, kommt auf Bergen in der Provinz Minas Geraes und nördlich von Rio vor. Sie erträgt unsern Winterfrost nicht, kommt aber im Gewächshause fort. Die Nüsse werden auf dem Markt der Hauptstadt gebracht, das ausschwitzende Harz mischen die Indianer mit Wachs und machen Kerzen daraus." (13)

Aus den Araukarien wurde also viel Nutzen gezogen. Es dürfte interessant sein, all den Hinweisen zu diesen Baumarten genauer nachzugehen, um nicht nur die Pflanzen selbst genauer kennen zu lernen, sondern auch die Wege, wie man sie heute schützt und früher verwertet hat. In Deutschland sind in den Gärten oft genug
angepflanzte Araukarien anzutreffen. Die Fotografien zeigen Araukarien in Montabaur, Wirges und Offenbach.

Karl-Ludwig Diehl
http://vub-virtuelleuniversittfrdasbauwesen.blogspot.com/

Anmerkungen:
(1) F.E.Binz: Die Araucarien. S.53-57 in: Zeitschrift für bildende Gartenkunst. Bd.2, 1891.
(2) zitiert aus: F.E.Binz, wie vor, S.53
(3) Cook zitiert von F.E.Binz, wie vor, S.53f.
(4) siehe Zitat im Gesamtzusammenhang bei: F.E.Binz, wie vor, S.54
(5) siehe dazu in:
http://de.wikipedia.org/wiki/Araukarien
(6)-(10) zitiert aus: F.E.Binz, wie vor, S.55
(11) die Angaben sind dem gesprochenen Text im Film "Chiles wilder Süden", 2.Teil (06:00), entnommen:
http://videos.arte.tv/de/videos/chiles_wilder_sueden_2_2_-3790440.html
(12) Pöppig zitiert von F.E.Binz, wie vor, S.56
(13) zitiert aus: F.E.Binz, wie vor, S.57